
Teheran taumelt – Europa zögert
Nach dem Waffenstillstand mit Israel gerät die Islamische Republik in eine ihrer tiefsten Krisen – innenpolitisch, wirtschaftlich, sicherheitspolitisch.
Der am 24. Juni 2025 verkündete Waffenstillstand zwischen Israel und der Islamischen Republik Iran hat den Konflikt nicht beendet – sondern lediglich unterbrochen. Während US-Präsident Donald Trump von einem diplomatischen Erfolg spricht, zeigt sich: Der Druck auf das Regime in Teheran bleibt bestehen – außenpolitisch, militärisch und vor allem innenpolitisch.
Die militärische Bilanz ist für das Regime in Teheran katastrophal. Innerhalb weniger Tage wurden zentrale Nuklearstandorte in Natanz, Fordo und Isfahan durch israelische Angriffe schwer beschädigt. Gleichzeitig verlor die Islamische Republik faktisch die Kontrolle über ihren eigenen Luftraum – eine symbolische und operative Niederlage, die das seit Jahren propagierte Selbstbild eines „souveränen Regionalakteurs“ massiv beschädigt hat.
Auch die Informationslage ist bedrohlich: Die Angriffe zeigten ein hohes Maß an Zielgenauigkeit. Sicherheitsdienste in Europa gehen inzwischen davon aus, dass Israel über weitreichende Erkenntnisse über interne iranische Strukturen verfügt – was innerhalb des Regimes zu wachsendem Misstrauen geführt hat. Selbst Kommunikationswege zwischen Sicherheitsorganen sollen durch Abhörsorge und Funktionsstörungen beeinträchtigt sein.
Ein bislang wenig beachteter, aber höchst alarmierender Aspekt betrifft die nukleare Restkapazität des Regimes: Laut IAEA-Berichten sind rund 409 Kilogramm Uran mit 60-prozentiger Anreicherung nicht mehr nachvollziehbar dokumentiert. Inmitten eines instabilen politischen Systems stellt das eine ernsthafte Gefahr dar – nicht nur für die Region, sondern international.
Gleichzeitig spitzt sich die wirtschaftliche Lage dramatisch zu. Der Krieg hat bestehende Haushaltslöcher vertieft, wichtige Energieinfrastruktur – etwa im Gasfeld „Pars Süd“ – wurde beschädigt. Kapitalflucht, Investitionsstopp und einbrechender Außenhandel sind weitere Symptome einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Erschöpfung. Die Bevölkerung leidet unter Inflation, Versorgungsengpässen und wachsender Unsicherheit. Eine neue Protestwelle scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.
Auch politisch wird die Entwicklung in Deutschland zunehmend aufmerksam verfolgt. CDU-Politiker wie Armin Laschet und Norbert Röttgen haben die zögerliche Haltung der EU in scharfen Worten kritisiert. Außenminister Wadephul forderte die Anwendung des Snapback-Mechanismus zur Wiedereinsetzung internationaler Sanktionen – als Reaktion auf die atomare Eskalation und die anhaltende Repression gegen die Bevölkerung.
Was derzeit in der Islamischen Republik geschieht, ist keine bloße außenpolitische Krise – sondern ein struktureller Zusammenbruch. Ein Machtapparat, der Jahrzehnte lang auf Kontrolle, Überwachung und Gewalt gebaut war, beginnt zu wanken. Die Propaganda bemüht sich zwar, mit Siegesrhetorik das Narrativ der „Standhaftigkeit“ aufrechtzuerhalten, doch selbst führende Akteure des Systems treten nur noch aus der Isolation hervor – wie Ali Khamenei, der sich Tage nach dem Waffenstillstand erstmals aus einem unbekannten Ort zu Wort meldete.
Bemerkenswert ist, wie wenig dieser innere Zerfall in deutschen und europäischen Medien analysiert wird. Während militärische Eskalation schnell Schlagzeilen produziert, wird die langsame, aber sichtbare Implosion des iranischen Machtzentrums zu selten thematisiert. Dabei ist genau sie der entscheidende Faktor für die Zukunft des Landes – und der Region.
Die demokratische Opposition, ob innerhalb Irans oder im Exil, benötigt in diesem Moment mehr als Aufmerksamkeit: Sie braucht strukturelle Unterstützung, politische Sichtbarkeit und strategische Abstimmung. Wichtig ist dabei, jene Kräfte zu stärken, die sich klar von anti-westlichen und antisemitischen Positionen distanzieren, denn diese Strömungen werden von einem großen Teil des iranischen Volkes nicht akzeptiert.

In einer Phase großer Umbrüche darf die Zukunft Irans nicht dem Zufall überlassen werden.
Die Waffen mögen momentan schweigen. Doch unter der Oberfläche arbeitet ein explosives Gemisch: Repression, wirtschaftliche Not, atomare Unsicherheit – und der Wille eines Volkes, das nicht vergessen hat, was Freiheit bedeutet.
Dies ist möglicherweise nicht nur das Ende eines bewaffneten Konflikts, sondern der schrittweise Zerfall eines jahrzehntelangen Regimes. Genau diese Phase birgt historisches Potenzial – für Wandel, Umbruch und eine neue Zukunft Irans.