
Wie können die USA und die EU den illegalen Ölhandel zwischen dem Iran und China effektiv unterbinden?
Kurz nach dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump in seiner zweiten Amtszeit äußerte sein neu ernannter Finanzminister Scott Bessent das Ziel: „Wir sind entschlossen, die Iraner dazu zu bringen, ihre Ölexporte auf 100.000 Barrel pro Tag zu reduzieren.“ Doch die Realisierung dieses Vorhabens erscheint derzeit in weiter Ferne.
Dies entspricht dem 16-Fachen der von Bessent gesetzten Zielmarke. Mit anderen Worten: Ohne eine konsequente Strategie zur Eindämmung der chinesischen Abnahme iranischen Öls wird es kaum möglich sein, die Sanktionen gegenüber der Islamischen Republik wirkungsvoll durchzusetzen. Angesichts der Bedrohung, die das islamistische Regime in Teheran für die USA und Europa darstellt, besteht ein gemeinsames Interesse beider Parteien, den Handel zwischen Teheran und Peking nachhaltig zu unterbinden.
Die Schwierigkeit liegt dabei in dem komplexen Geflecht, das die iranischen Ölexporte ermöglicht, sowie in Pekings entschlossenen Bemühungen, das Regime in Teheran wirtschaftlich über Wasser zu halten. Im Laufe der Jahre hat der Iran seine Techniken zur Umgehung der Sanktionen kontinuierlich verfeinert – darunter Schiff-zu-Schiff-Transfers, gefälschte Dokumente sowie den Einsatz sogenannter „Schattenflotten“. Um dem wirksam zu begegnen, muss Washington bereit sein, Peking tatsächlich wirtschaftliche Nachteile zuzufügen, um ein grundlegendes Umdenken im Verhalten zu erzwingen.
Entscheidend ist der Fokus auf die Endabnehmer in China. Die US- und EU-Behörden müssen nicht nur diplomatischen Druck auf Peking ausüben, sondern auch primäre und sekundäre Sanktionen gegen jene Akteure verhängen, die Handel mit dem Iran treiben, insbesondere gegen solche mit internationaler Präsenz. Anfang dieses Jahres richteten sich die Vereinigten Staaten erstmals gegen eine kleine chinesische Privatraffinerie. Es ist unabdingbar, gezielt chinesische Raffinerien ins Visier zu nehmen, die iranisches Öl verarbeiten. Darüber hinaus sollte das US-Finanzministerium seine Befugnis zur offiziellen Listung (designation authority) nutzen, um auch jene Unternehmen zu sanktionieren, die die Produkte dieser Raffinerien weiterverkaufen. Die gezielte Sanktionierung von Vorstandsmitgliedern und Schlüsselmanagern dieser Firmen erhöht die Wirksamkeit der Maßnahmen erheblich.
Eine Eskalation der Kampagne zur Beschlagnahmung von Tankern ist notwendig. Die US-Marine und verbündete maritime Einsatzkräfte sollten Schiffe, die sich am illegalen Transport iranischen Öls beteiligen, aufgreifen. Dies erfordert eine verstärkte nachrichtendienstliche Aufklärung zur Identifikation und Verfolgung der betreffenden Schiffe sowie einen rechtlichen Rahmen zur Erleichterung von Beschlagnahmung und Einziehung von Vermögenswerten. Die Botschaft muss eindeutig sein: Die Beteiligung am iranischen Ölhandel hat unmittelbare finanzielle Konsequenzen. Der Iran wird versuchen, im Persischen Golf und im Golf von Oman Vergeltung zu üben; daher müssen die US- und alliierten Marinen entsprechend vorpositioniert sein, um abzuschrecken und zu reagieren.
Die gezielte Listung zentraler wirtschaftlicher Akteure ist ebenfalls unerlässlich. Die Trump-Regierung belegte im März den iranischen Ölminister mit Sanktionen. Eine horizontale und vertikale Ausweitung solcher Maßnahmen ist notwendig: horizontal, um ähnliche Akteure in weiteren Organisationen zu erfassen, und vertikal, um sämtliche Hierarchieebenen innerhalb der sanktionsumgehenden Strukturen abzudecken. Das US-Finanzministerium muss der Listung von Aufsichtsratsmitgliedern, Geschäftsführern und Großaktionären jener Unternehmen, die aktiv an der Umgehung von Sanktionen beteiligt sind, höchste Priorität einräumen.

Washington sollte zudem über die bloße Listung von Schattenflotten hinausgehen und auch Häfen und Hafenbetreiber, Lagerstätten, Banken sowie Versicherungsunternehmen ins Visier nehmen, die den iranischen Ölexport ermöglichen. Die Störung dieser logistischen und finanziellen Knotenpunkte kann Irans Zugang zu den globalen Märkten weiter einschränken. Chinesische Banken, die Irans Öleinnahmen verwahren oder weiterleiten, wären in diesem Zusammenhang besonders vorrangige Ziele.
Verdeckte Maßnahmen gegen zentrale Akteure der Sanktionsumgehung sind ebenso unerlässlich. Washington sollte mit den Finanzierern des Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) auf die selbe Weise verfahren wie mit den Finanzierern Unterstützern von ISIS und al-Qaida. Dies würde eine gezielte Zerschlagung kritischer Knotenpunkte im Netzwerk des iranischen Ölhandels erfordern, einschließlich der Personen und Organisationen, die die Umgehung der Sanktionen ermöglichen.
Nach Angaben der Biden-Regierung sind 27 Staaten in den illegalen Ölhandel zwischen dem Iran und China involviert. Eine klare und konsistente Kommunikation seitens des US-Außenministeriums und des Finanzministeriums – insbesondere gegenüber Partnern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Türkei – ist unerlässlich, um die Konsequenzen der Umgehung von Sanktionen deutlich zu machen. Eine geschlossene Front unter Einbeziehung zentraler Verbündeter und internationaler Organisationen kann die Wirksamkeit der Sanktionen erheblich verstärken – auch wenn dies unter Umständen Druck auf jene Partner erfordert, die die Bedrohung durch den Iran nicht mit derselben Ernsthaftigkeit wahrnehmen.
Selbst wenn Europa kein iranisches Öl bezieht, kann es dennoch eine bedeutende Rolle dabei spielen, die Vereinigten Staaten in ihrem Bestreben zu unterstützen, Teherans Ölexporte nachhaltig zu unterbinden.
Erstens sollten sich die europäischen Staaten und die Europäische Union der Sanktionskampagne gegen das Netzwerk anschließen, das iranisches Öl nach Peking liefert und die Einnahmen zurück nach Teheran überträgt. Bislang hat Europa die von den USA in diesem Bereich gelisteten Unternehmen und Personen nicht in seine eigene Sanktionsliste aufgenommen. Ein derartiger Schritt würde ein deutliches Signal sowohl an Teheran als auch an Peking senden.
Das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland müssen unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um eine klare Roadmap für die wirksame Anwendung des in der Resolution 2231 des Sicherheitsrats verankerten „Snapback“-Mechanismus zu etablieren. Dieser Mechanismus läuft am 18. Oktober aus, und es ist entscheidend, jetzt multilaterale Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft zu setzen, um dem wachsenden Bündnis zwischen Russland, China und dem Iran entgegenzuwirken. Ein Versäumnis entschlossenen Handelns könnte unsere Fähigkeit erheblich beeinträchtigen, künftig angemessen auf das Verhalten des Regimes zu reagieren.
Drittens sollten Brüssel und London das Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) vollständig als terroristische Organisation einstufen. Die IRGC fungiert als zentrales Instrument des Regimes zur Durchführung terroristischer Aktivitäten und zur Unterdrückung der Opposition. Diese Organisation war in zahlreiche vereitelte Anschlagspläne in Europa beteiligt. Sanktionen gegen die IRGC würden nicht nur die derzeitigen Strafverfolgungsmaßnahmen stärken, sondern auch ein kraftvolles Signal an die iranische Bevölkerung und die Diaspora senden. Darüber hinaus spielt die IRGC eine maßgebliche Rolle beim illegalen Handel zwischen dem Iran und China.
Europa muss zudem Sanktionen gegen das wirtschaftliche Netzwerk des Obersten Führers verhängen, das eine Schlüsselrolle im illegalen Handel zwischen Peking und Teheran einnimmt. Khameneis Wirtschaftsimperium, dessen Vermögen auf über 200 Milliarden US-Dollar geschätzt wird, dient der Finanzierung von Terrorismus. Durch Sanktionen gegen dieses Netzwerk kann Europa die wirtschaftliche Basis des Regimes nachhaltig schwächen und ein unmissverständliches Signal an die Eliten in Teheran sowie ihre chinesischen Partner senden.
Die Sanktionspolitik erweist sich als am schwächsten, wenn sie bloße Rhetorik mit der Realität verwechselt. Das Ziel, die iranischen Ölexporte auf 100.000 Barrel pro Tag zu reduzieren, ist grundsätzlich zu begrüßen. Ohne eine systematische Strategie zur Erreichung dieses Ziels wird es jedoch bloß ein Wunschdenken bleiben. Bessents Ziel ist schlichtweg unerreichbar, solange nicht entschlossen mit Chinas doppeltem Interesse umgegangen wird – nämlich vom günstigen iranischen Rohöl zu profitieren und zugleich Teheran in seinem Krieg durch Terror-Proxies zu unterstützen.