
Vorwärts in Richtung Schwarzes Loch
Inhaltsverzeichnis
Regionale und internationale Entwicklungen; Irans Verwundbarkeit und Isolation:
Vorwärts in Richtung Schwarzes Loch
Verfehlte geopolitische Strategien und das vollständige Fehlen funktionierender internationaler Beziehungen – gepaart mit dem mangelhaften Umgang der Islamischen Republik mit ihren Nachbarn – haben Iran zunehmend in die Richtung eines geopolitischen „Schwarzen Lochs” gedrängt. Die Islamische Republik hat ein Land, das einst auf natürliche und historische Weise als Kreuzung der Welt galt, in ein bedeutungsloses Vakuum verwandelt. Es scheint, als wäre die Existenz oder Nichtexistenz Irans für die Weltgemeinschaft – und noch schwerwiegender, für seine direkten Nachbarn – kaum mehr von Bedeutung.
Bereits vor zwei Jahren wurde auf dem Gipfeltreffen der G20-Staaten eines der größten Transitprojekte unserer Zeit beschlossen – ein Korridor, der Indien mit Europa verbinden soll. Iran war daran nicht beteiligt und hatte nicht einmal einen Stellenwert. Schon zuvor hatte die Türkei den sogenannten Lapis-Lazuli-Korridor etabliert und sich über Afghanistan, Pakistan und sogar China vernetzt. Diese Route führt durch Zentralasien, Georgien, die Republik Aserbaidschan und Turkmenista, obwohl der Weg über iranisches Territorium der einfachste und zugänglichste gewesen wäre. Dennoch entschied sich die Türkei für eine erheblich komplexere Strecke. Iran wurde aus diesem strategisch bedeutsamen Projekt ausgeschlossen. Neben der Präsenz der Islamischen Republik spielte sicherlich auch die historische-nationalstaatliche Rivalität zwischen der Türkei und Iran eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Der Iran hat in nahezu allen strategischen Bereichen und in den vitalen Zonen des Iran Niederlagen erlitten. Betrachten wir die Straße von Hormus, die einst eine der strategischen Stärken Irans im Zusammenhang mit dem Ölexport der arabischen Golfstaaten war. Diese Meerenge diente in Krisenzeiten als strategisches Druckmittel gegenüber diesen Staaten, zugleich war sie eine bedeutende Einkommensquelle und ein Ort geopolitischer Machtdemonstration.
Heute jedoch ist die Straße von Hormus aufgrund falscher Politiken und der konfrontativen Haltung dieses unfähigen Ordnungsapparates gegenüber den Ländern der Region zu einem kaum genutzten Raum verkommen. So sehr, dass selbst eine Schließung der Meerenge keinen Einfluss mehr auf den Ölexport dieser Staaten hätte, da sie ihre Transitrouten bereits verlagert haben. Es stellt weder ein geopolitisches Druckmittel noch eine wirtschaftlich oder strategisch bedeutsame Ressource dar. Selbst in seinen Häfen befindet sich der Iran in eine Situation der Demütigung. In fast allen Bereichen der maritimen Konkurrenz hat der Iran den Nachbarländern das Feld überlassen. Der pakistanische Hafen Gwadar wird im Rahmen des chinesischen „One Belt, One Road“-Projekts dem iranischen Hafen „Chabahar” – einem der strategisch wichtigsten Häfen Irans – vorgezogen. Iran hat in diesem gigantischen chinesischen Projekt keinerlei Rolle.
Der Iran, einst Vorreiter in der Nutzung maritimer Häfen, befindet sich heute in einer höchst prekären Lage am Persischen Golf. Trotz des Umstands, dass der Iran über die längste Küstenlinie am Golf von Oman und Persischen Golf verfügt, und mehrere Container- und Ölhäfen im Persischen Golf und Indischen Ozean besitzt – Objekte, um die den Iran viele Länder beneiden würden –, hat Irans Anteil am regionalen Handel katastrophal abgenommen. Der Großteil des wirtschaftlichen und kommerziellen Nutzens hat sich in den Süden des persischen Golfs verlagert.
Selbst Investitionen in den eigenen Staat im Bereich Transitwege hat der Iran vernachlässigt. Etwa im Irak, der lange Zeit als Irans „Hinterhof“ galt. Auch dort wurde der Iran umgangen. Ein Blick auf das Vierparteien-Memorandum über das Entwicklungsstraßenprojekt zwischen Irak, Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Qatar zeigt: Dieses sicherheits-ökonomische Großprojekt schließt Iran nicht nur aus, sondern vertieft auch die Verbindungen zwischen diesen vier Staaten auf beispiellose Weise. Das Projekt beginnt im bedeutenden Hafen von Al-Faw in Basra, und wird mittels einer 1200 Kilometer langen Eisenbahntrasse durch irakisches Territorium an das Schienennetz der Türkei angeschlossen. Dieser Korridor verbindet die Emirate, Irak und die Türkei mit Europa.
Die irakische Regierung plant, bis zum Jahresende 2025 einen Containerterminal mit einer Kapazität von 3,5 Millionen 20-Fuß-Containern sowie den Hafen Al-Faw zu eröffnen. Damit wird dieser Hafen zum wichtigsten und größten Umschlagplatz im Nahen Ostens aufsteigen. Dabei hätte die historische und geografische Lage Irans sowie seine hochwertigen Küstenregionen den Bau von noch bedeutenderen Projekten erlaubt – doch Iran ist heute nicht einmal mehr in der Lage, mit Irak auf diesem Gebiet zu konkurrieren.

Wachstum der Nachbarländer und Irans Rückständigkeit in den kommenden Jahren:
Wie bereits im ersten Abschnitt kurz erwähnt, vertiefen wir hier die Betrachtung des Wachstums der Nachbarländer Irans. Beispielsweise hat der Irak, über dessen Hafen Al-Faw wir bereits besprochen haben, im vergangenen Jahr fünf neue Hafenkais in Betrieb genommen.. Dieser Hafen ist darauf ausgerichtet , eine effizientere Route als der Sueskanal für den Zugang Europas zum “Persischen Golf” und zum Indischen Ozean bereitzustellen. In den nächsten Phasen dieses Projekts sollen zudem eine Ölraffinerie, ein Stahlwerk, sowie kommerzielle und Wohnanlagen entstehen. Der Irak treibt seine Projekte in den letzten Jahren durch die Aufnahme ausländischer Investitionen sowie die Unterstützung koreanischer und italienischer Unternehmen voran. Die irakische Industrie wird innerhalb weniger Jahre zu den führenden in der Region gehören.
Auch im militärischen Bereich arbeitet der Irak an seiner Erneuerung. Dies bedeutet, dass der Irak in Zukunft – insbesondere bei Fortbestehen der fehlerhaften Politik der Islamischen Republik – eine sicherheitspolitische Bedrohung für Iran darstellen könnte. Besonders relevant wird dies in Fragen der Grenzsicherung und der militärischen Präsenz.
Qatar:
Die Blockade Qatars im Jahr 2017 und der kollektive Abbruch diplomatischer Beziehungen durch die arabischen Länder, die mit Saudi-Arabien verbündet sind, stellten einen weiteren Faktor dar, der die Konkurrenz um Hafeninfrastruktur in der Region des Persischen Golfs verschärfte. Qatar reagierte darauf mit der Beschleunigung des Ausbaus des Hafens Hamad, um der wirtschaftlichen Blockade seiner arabischen Nachbarn zu entgehen und zugleich Ländern wie Iran voraus zu sein. Die erste Phase dieses großen Hafens in Qatar, dessen Bau im Jahr 2010 begonnen hatte, nahm 2016 den Betrieb auf.Die erste Bauphase dieses großen Hafens, dessen Errichtung 2010 begann, wurde bereits 2016 in Betrieb genommen. Doch erst im Jahr 2017 begann die groß angelegte Entwicklung dieses Hafens mit dem Ziel, ihn zu einem Export-Hub auszubauen und als Rivalen des Hafens Jebel Ali in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu etablieren.
Die Endausbaustufe dieses Hafens wird über eine Kapazität von 7,8 Millionen 20-Fuß-Containern pro Jahr verfügen. Es bestehen regelmäßige wöchentliche Seeverbindungen nach Oman, Kuwait und Indien. Während der Zeit der Sanktionen unterzeichnete Qatar zudem Transportabkommen mit Iran und der Türkei. Der Hafen Buschehr galt dabei als iranisches Pendant zum Hafen Hamad. Der Hafen Hamad bildet zusammen mit den beiden weiteren Haupthäfen des Landes, dem Hafen Doha und dem Hafen Al-Ruwais, die zentralen Tore Qatars zum internationalen Handel. Da Qatar nur mit einem einzigen Land eine Landgrenze teilt, erfolgt sein Hauptzugang zur Außenwelt über den Seeweg.
Eine weitere wichtige Eigenschaft Qatars ist seine Rolle als weltweit führender Exporteur von Flüssigerdgas (LNG). Qatar hat hierfür LNG-Terminals errichtet, um diesen strategischen Rohstoff über den Seeweg zu exportieren. Statistiken zufolge deckt Qatar über drei Terminals – Ras Laffan 2, Ras Laffan 3 und QatarGas 1 – nahezu drei Viertel der gesamten Flüssiggasproduktion im Nahen Osten ab und exportiert jährlich etwa 75 Millionen Tonnen LNG in die Welt. Mit diesem Projekt hat Qatar gewissermaßen begonnen, das Meer „aus Irans Hand zu entreißen“.
Oman:
Auch ein Land wie Oman stellt heute eine ernstzunehmende Gefahr für Iran dar. Oman ist eines der vier Länder der Region, das ohne Nutzung der Straße von Hormus Zugang zu internationalen Gewässern besitzt. Aus diesem Grund befinden sich alle drei Haupthäfen Omans – Sohar, Salala und Duqm – außerhalb des Persischen Golfs, in den Gewässern des Golfs von Oman. Oman befindet sich gegenwärtig in der Phase des Ausbaus des Hafens Salala, mit dem Ziel, dessen Massengutumschlagkapazität von derzeit 6 Millionen Tonnen auf 26 Millionen Tonnen jährlich zu erhöhen. Der Hafen Sohar wird in Zusammenarbeit mit der Hafenverwaltung Rotterdam (Niederlande) weiterentwickelt.
Im Jahr 2021 erreichte Oman durch die Erweiterung seiner Betankungsanlagen im Hafen Sohar die Fähigkeit, mit dem Hafen Jebel Ali bei der Versorgung durchfahrender Schiffe zu konkurrieren. Laut Weltbank-Statistik verzeichnete Oman in den Jahren 2000 bis 2019 ein Gesamtcontaineraufkommen von 64 Millionen 20-Fuß-Containern. Der Hafen Duqm ist der jüngste Hafen Omans, wurde 2012 eröffnet und verfügt über eine Kapazität von 1,5 Millionen 20-Fuß-Containern. All diese Entwicklungen sind bedrohliche Signale für den Iran,, zumal das Land Iran trotz all seiner umfangreichen Ressourcen und Potenziale im Gegensatz zu Ländern wie diesen – keine nennenswerte Entwicklung vorweisen kann und in naher Zukunft erheblich zurückfallen droht.
Entwicklungen in Syrien und die geopolitische Expansion der Türkei:
Die Umbrüche im Nahen Osten, insbesondere in Syrien, waren über Jahre hinweg für den Iran und Länder wie die Türkei, die dort strategisch involviert waren, ebenso für Akteuren wie die USA und Russland, von essenzieller Bedeutung. Die Position Irans in diesen Entwicklungen hat sich jedoch infolge der fehlgeleiteten Politik der Islamischen Republik in Syrien in geradezu erschreckender Weise degeneriert. Eine der gravierendsten Fehlentscheidungen der Islamischen Republik in diesem Zusammenhang war die übermäßige Annäherung an die Positionen Russlands , eines Landes, das stets einen Blick auf iranisches Territorium geworfen hat und Iran in internationalen Fragen lediglich als Werkzeug betrachtete, niemals als strategischen Verbündeten.
Ein Beispiel: In den Jahren 2015 und 2016 griffen israelische Kampfjets, in Absprache mit der russischen Luftabwehr in Damaskus, Samir Qantar, einen Kommandanten der Hisbollah, der gerade eine neue Front gegen Israel in den drusisch besiedelten südlichen Grenzgebieten eröffnen sollte, in die Luft. Wenige Monate später wurde Mustafa Badr al-Din, Oberbefehlshaber des militärischen Arms der Hisbollah, am Flughafen von Damaskus – einem Operationsort russischer Streitkräfte – ermordet. Im März 2016 verkündete Russland, als sich syrische Truppen in der Nähe von Jisr al-Schughur befanden, dass es seine Kräfte aus Syrien abziehe und mit den USA über einen Waffenstillstand verhandeln werde. Das Ergebnis? Alle strategischen Ziele der Operation in Latakia wurden zunichte gemacht, und die iranischen sowie syrischen Truppen gestoppt. Russland zog dem „angeblich“ strategischen Verbündeten den Boden unter den Füßen weg – in Abstimmung mit Israel – und ermöglichte diesem, zentrale Führungspersönlichkeiten der Hisbollah zu eliminieren.
Der Kern dieses Abschnitts besagt, dass Iran trotz Investitionen in syrische Streitkräfte und Rückendeckung durch Russland nicht fähig ist, sich in der Region strategische Einflusszonen zu etablieren und nachhaltig auszubauen. Im Gegensatz zum Iran trugen in der Türkei die ideologisch geprägten Zielsetzungen der herrschenden Machtelite unter Erdoğan maßgeblich zur Entfaltung ihrer strategisch orientierten Außenpolitik bei.Von Beginn an verfolgte sie eine stringente Strategie, die unter dem Deckmantel der „Hai’at Tahrir al-Sham“ in der Reaktivierung der Jabhat al-Nusra bestand: die Förderung der Ideologie der Muslimbruderschaft, um politischen Einfluss gegenüber Rivalen wie der Islamischen Republik Iran und Saudi-Arabien zu gewinnen. Die Entwicklungen in Syrien, insbesondere der Machtzuwachs von Al-Sharq und Tahrir al-Sham, ereigneten sich just in jenem Moment, als Irans Stellvertreterkräfte sich in ihrer schwächsten Phase befanden: Die Kommandostrukturen der Hisbollah waren dezimiert, die Hamas in einem prekären Zustand, und die Haschd al-Schabi stand kurz vor der Auflösung. Kurdische Gruppierungen wie die YPG wiederum – beeinflusst durch die Lage der PKK in der Türkei – waren ebenfalls nicht in der Lage, zugunsten Irans zu agieren.
Das Resultat? Die geopolitische Expansion der Türkei in Syrien – und die Etablierung einer neuen Front gegen den Iran. Die Islamische Republik hat mit der Verschwendung nationaler Ressourcen im Namen des „Widerstandes“ sowie durch die Unterstützung terroristischer Gruppen weder sicherheits-politisch noch strategisch-politisch etwas erreicht – im Gegenteil: Sie hat den Iran in seiner Gesamtheit weiter destabilisiert.
All dies – verbunden mit der feindseligen Haltung der Islamischen Republik gegenüber Staaten wie Israel – hat die Entwicklung und Sicherheit des Landes schwer beschädigt. Und sollte sich Iran nicht von diesen verhängnisvollen politischen Ausrichtungen befreien, wird es gegenüber seinen regionalen Rivalen weiter an Boden verlieren. Die entscheidende Frage bleibt, wie das iranische Volk künftig mit diesem bösartigen Krebsgeschwür – dem islamischen System – umzugehen gedenkt. Es bleibt kein anderer Weg als der der Befreiung.