
Die Islamische Republik und die Möglichkeit des Friedens
Eine Analyse zur Unvereinbarkeit eines ideologischen Regimes mit regionaler Ordnung und dauerhaftem Frieden
Nach den begrenzten militärischen Angriffen der Vereinigten Staaten auf sensible militärische und nukleare Einrichtungen der Islamischen Republik Iran sowie der anschließenden direkten Drohung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, dass im Falle der Nichtannahme eines Friedens weitere Ziele zur Bombardierung vorgesehen seien, ist die Frage von Krieg und Frieden erneut nicht nur auf geopolitischer Ebene, sondern auch im öffentlichen Diskurs im Iran zu einem der zentralen Themen politischer Auseinandersetzung geworden.
Die grundlegende Frage stellt sich mit wachsender Dringlichkeit: Ist Frieden mit der Islamischen Republik möglich?
Die Antwort auf diese Frage erfordert nicht lediglich eine sicherheitspolitische oder diplomatische Analyse. Es gilt, über die alltäglichen Ereignisse hinauszugehen und die ideologische Struktur des Systems der Islamischen Republik, dessen Logik des Machterhalts sowie seine Interaktion mit der internationalen und regionalen Ordnung zu untersuchen. Nur auf dieser Grundlage kann ein umfassendes Verständnis der gegenwärtigen Lage sowie eine realistische Perspektive auf die Möglichkeit von Frieden oder die Fortsetzung der Krise entwickelt werden.
Die Islamische Republik ist seit ihrer Gründung im Jahr 1979 nicht als ein normaler Nationalstaat aufgetreten, sondern als ein transnationales revolutionäres Projekt, das auf schiitischem Umma-Denken basiert. Ihre theoretischen Fundamente, von der politischen Rechtslehre der Velayat-e Faqih bis hin zur Doktrin „weder Osten noch Westen“, stehen in offenem Widerspruch zur Logik des modernen Staates, zum Rechtsstaat, zur nationalen Souveränität und zum Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten.
Dieses System gründet sich nicht auf einem Gesellschaftsvertrag, sondern auf göttlicher Legitimität und revolutionärem Recht. Das macht es im Kern mit der Logik von Frieden, Ausgleich und rechtsbasierter Ordnung unvereinbar.
Grundlegende Konzepte im politischen Diskurs der Islamischen Republik wie „globale Arroganz“, „islamische Umma“, „Export der Revolution“ und „der Kampf von Recht gegen Unrecht“ zeigen deutlich, dass dieses Regime den Konflikt nicht nur als politisches Mittel, sondern als integralen Bestandteil seiner ideologischen Identität begreift.
Dementsprechend war die Außenpolitik der Islamischen Republik stets konfrontativ, missionarisch und bisweilen apokalyptisch ausgerichtet. Dieses Muster lässt sich klar in ihrem Umgang mit Nachbarstaaten, internationalen Organisationen und sogar mit den eigenen Bürgern nachvollziehen.
Im Gegensatz zu vielen autoritären Regimen ist die Islamische Republik nicht nur ein innerhalb nationaler Grenzen operierender Staat, sondern ein transnationales sicherheits- und militärpolitisches Netzwerk. Dieses Netzwerk umfasst Institutionen wie die Revolutionsgarde, die Quds-Brigade, den Nachrichtendienst der Revolutionsgarde sowie Dutzende Stellvertreterorganisationen und Milizen, von Libanon über Irak, Syrien und Jemen bis nach Nordafrika und Osteuropa. Die regionalpolitischen Strategien der Islamischen Republik dienen nicht der nationalen Sicherheit, sondern sind grundsätzlich auf die Ausweitung strategischer Tiefe und die Aufrechterhaltung eines instabilen Umfelds ausgerichtet.
Diese Strategie steht im völligen Gegensatz zur Logik eines nachhaltigen Friedens, zur Koexistenz und zu den Mechanismen der friedlichen Streitbeilegung. Selbst in jenen Phasen, in denen die Islamische Republik gezwungen war, Verhandlungen aufzunehmen, wie im Fall des Atomabkommens JCPOA, gab es keine grundlegende Veränderung ihrer regionalen Haltung, noch haben sich militärisch-sicherheitspolitische Institutionen den Erfordernissen der Diplomatie untergeordnet. Diese Realität hat Analysten dazu veranlasst, zwischen Verhandlung als taktischem Überlebensinstrument und Frieden als strategischer Option in der Politik der Islamischen Republik zu unterscheiden.
Auch auf innerstaatlicher Ebene stellt die Fortdauer der Islamischen Republik nicht nur ein Hindernis für sozialen Frieden dar, sondern ist der Hauptfaktor für die Akkumulation struktureller Gewalt, für die Legitimitätskrise und die Institutionalisierung von Repression. Die Islamische Republik ist keiner zivilgesellschaftlichen Bewegung mit Reformbereitschaft oder Rechenschaftspflicht entgegengetreten. Die gewaltsame Niederschlagung der landesweiten Proteste im November 2019, das brutale Vorgehen gegen die Erhebung Frau, Leben, Freiheit im Jahr 2022 sowie die Unterdrückung von Arbeiterinnen und Arbeitern, Lehrkräften, Studierenden und ethnischen sowie religiösen Minderheiten belegen, dass dieses Regime seine Existenz ausschließlich durch die Anwendung unverhüllter Gewalt sichert.
Diese innere Gewalt wird in Momenten des Scheiterns und der Schwäche auf internationaler Ebene massiv verschärft. Daraus folgt, dass jeder Fortbestand der Islamischen Republik sowohl zur Intensivierung innerer Repression als auch zur Fortsetzung der Instabilität in der Region führen wird. Frieden, nicht nur auf regionaler, sondern auch auf nationaler Ebene, ist daher untrennbar mit einem Wandel der bestehenden politischen Struktur verbunden.

Der Übergang zum Frieden verläuft über den Übergang von der Islamischen Republik
Vor dem Hintergrund des zuvor Gesagten lässt sich schlussfolgern, dass die Islamische Republik als ein ideologisches, sicherheitszentriertes und krisengenerierendes System in strukturellem Widerspruch zur Logik eines nachhaltigen Friedens steht. Weder diplomatische Verhandlungen noch temporäre Sicherheitsabkommen oder begrenzte militärische Schläge sind in der Lage, diese grundlegende Realität zu verändern. Nur ein Übergang von der Islamischen Republik hin zu einem nationalstaatlichen, säkularen, rechenschaftspflichtigen und rechtsstaatlich verfassten Gemeinwesen kann den Weg zu einem echten Frieden, sowohl im Inneren Irans als auch auf regionaler Ebene, eröffnen.
Dieser Übergang ist, entgegen der Annahme mancher westlicher Analysten, weder utopisch noch unerreichbar. Aufgrund des schrittweisen Zusammenbruchs der inneren Legitimität, der gravierenden Schwächen in der Staatsführung und einer weit verbreiteten sozialen Erschöpfung ist er so greifbar und notwendig wie nie zuvor. Der öffentliche Wille des iranischen Volkes, sichtbar auf der Straße, im millionenfachen Exodus sowie im aufkommenden politischen Diskurs, macht unmissverständlich klar: Die Zeit der Kompromisse mit der Islamischen Republik ist abgelaufen.
Wenn wir Frieden nicht als bloßes zeitweises Fehlen von Krieg, sondern als gerechte, stabile und rechtsbasierte Ordnung definieren, so gilt: Frieden wird nur nach dem Ende der Islamischen Republik möglich sein, nicht mit ihr. Dieses Regime, in seiner krisenschaffenden und ideologisch starren Struktur, verfügt weder über die Kapazität noch über den Willen zum Frieden. Die Unterstützung eines demokratischen Übergangs in Iran, die Solidarisierung mit dem historischen Wunsch des Volkes nach der Gründung eines nationalen Staates und das Ende einer Herrschaft, die auf Gewalt, Ausschluss und Instabilität gründet, sind der einzige rationale Weg, um einen nachhaltigen Frieden in Iran und in der Region zu verwirklichen.
A.M.