
Der Iran-Israel-Krieg
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Der Iran-Israel-Krieg: Ein massives Versagen der Gegenspionage und das strategische Auseinanderbrechen der Islamischen Republik
Der lange Zeit nur hinter vorgehaltener Hand befürchtete Krieg zwischen Iran und Israel ist keine Hypothese mehr. Er wurde Realität am 13. Juni 2025, als Israel eine überraschende Militärkampagne begann und mit verheerender Präzision tief in das iranische Territorium eindrang. Für den Iran bedeutete dies nicht nur einen Schlag gegen seine militärischen Kapazitäten, sondern auch den Zusammenbruch jener strategischen Grundpfeiler, auf die sich das Regime stets berufen hatte. Gegenspionage, Raketenarsenal und Luftverteidigung.
Ein schockierender Überraschungsangriff
Der Krieg begann mit der Operation „Rising Lion“, der größten koordinierten Angriffskampagne in der Geschichte Israels gegen einen souveränen Staat. Berichten zufolge drangen über 200 israelische Flugzeuge in den iranischen Luftraum ein und setzten Hunderte präzisionsgelenkter Munitionen ein, die sich gezielt gegen Nuklearanlagen, Basen der Islamischen Revolutionsgarde IRGC, Radarstellungen sowie Depots ballistischer Raketen richteten [1]. Zu den am schwersten getroffenen Zielen zählten Natanz, Isfahan sowie Luftwaffenstützpunkte der IRGC im zentralen Iran. Glaubwürdige Hinweise deuten darauf hin, dass die Anreicherungsanlage in Fordow zwar angegriffen wurde, jedoch keine gravierenden Schäden erlitt [2].
Israels Ziel war unmissverständlich. Die Ausschaltung der iranischen Vergeltungsfähigkeit und die Verwehrung des Zugangs zu fortgeschrittener Nukleartechnologie. Das Ausmaß strategischer Überraschung, das Israel dabei erzielte, trotz jahrelanger offener Feindseligkeiten und wechselseitiger Drohungen, war bemerkenswert. Die iranische Luftabwehr war auf die erste Angriffswelle nicht vorbereitet und wurde vollständig überrumpelt. Doch die deutlichste Erkenntnis aus der ersten Kriegswoche ist die vollständige Niederlage des iranischen Sicherheits- und Nachrichtendienstapparates.
Trotz jahrzehntelanger Investitionen in Gegenspionage und Überwachung war der Iran außerstande, die israelischen Vorbereitungen zum Angriff zu erkennen, weder im Cyberbereich, noch durch militärische Bewegungen oder menschliche Quellen. Noch gravierender ist die zunehmende Evidenz, dass Israel operative Handlungsfreiheit innerhalb des iranischen Staatsgebiets genoss und offenbar weiterhin genießt, sei es durch kompromittierte Luftabwehrsysteme oder durch die Übermittlung von Zielinformationen in Echtzeit [3].
Dieses Versagen hatte katastrophale Folgen. In den ersten Stunden des Krieges gelang es Israel, nahezu die gesamte oberste Führungsebene des iranischen Militärs auszuschalten. Darunter befanden sich hochrangige Kommandeure der Revolutionsgarde (IRGC), der Generalstabschef der Streitkräfte sowie leitende Verantwortliche des Atomprogramms [4]. Kommandozentralen wurden entweder zerstört oder außer Betrieb gesetzt. Dies bedeutete nicht nur einen Durchbruch physischer Verteidigungslinien, sondern auch eine beispiellose Enthauptung der militärischen Führung. Diese Entwicklung kam nicht aus dem Nichts. Israel hatte bereits zuvor iranische Atomwissenschaftler ermordet, Zentrifugenanlagen sabotiert und sogar komplette Nukleararchive aus Teheran herausgeschmuggelt [5]. Doch das Ausmaß und die Konsequenzen der aktuellen Operation stellen einen Wendepunkt dar.
Die israelischen Auftaktschläge haben erheblichen strategischen Schaden angerichtet. Außenminister Gideon Sa’ar erklärte, dass das iranische Atomprogramm um schätzungsweise zwei bis drei Jahre zurückgeworfen worden sei [6]. Da sich inzwischen auch die Vereinigten Staaten am Krieg beteiligen, nachdem sie am 22. Juni 2025 iranische Nuklearanlagen angegriffen haben, lässt sich mit einiger Sicherheit sagen, dass Irans atomare Ambitionen faktisch zerschlagen wurden. Darüber hinaus haben zentrale Einheiten der Revolutionsgarde – insbesondere im Bereich Luft- und Raumfahrtführung sowie in der nuklearen Aufsicht – ihre oberste Führungsstruktur, entscheidende Einrichtungen und operative Kapazitäten verloren [7].
Strategischer Zusammenbruch als Ausdruck eines jahrzehntelangen Versagens
Was sich derzeit entfaltet, ist kein isoliertes Versagen der Aufklärung. Es ist der Höhepunkt einer langen Reihe systemischer Fehlentwicklungen, die die Sicherheitsinstitutionen des Iran über Jahrzehnte hinweg untergraben haben. Der aktuelle Krieg hat diese Realität lediglich unausweichlich sichtbar gemacht.
Die Geheimdienst- und Gegenspionageapparate der Islamischen Republik, darunter das Informationsministerium, die Nachrichtendienstorganisation der Revolutionsgarde IRGC sowie die Organisation für Nachrichtenschutz der IRGC, sind seit Jahren durch ideologische Verhärtung, interne Machtkämpfe und operative Inkompetenz geschwächt. Wie bereits im Nachgang früherer Rückschläge dokumentiert wurde, haben diese Institutionen wiederholt versagt. Sie konnten feindliche Infiltrationen nicht erkennen, Sabotageakte nicht verhindern und kritische Infrastruktur nicht schützen [5].
Die Ermordung von Mohsen Fakhrizadeh im Jahr 2020, einem der zentralen Architekten des iranischen Atomprogramms, bleibt eines der deutlichsten Anzeichen für diese Verwundbarkeit. Trotz mehrschichtiger Sicherheitsvorkehrungen gelang es israelischen Agenten, ihn mit einem ferngesteuerten Waffensystem zu töten und operative Informationen vom Tatort zu sichern [8, 9]. Im selben Jahr wurde Abu Muhammad al-Masri, die Nummer zwei von al-Qaida, auf iranischem Boden getötet. Auch diese Operation, durchgeführt vom Mossad in Zusammenarbeit mit US-Geheimdiensten, zeigte, wie tief ausländische Akteure in die Verteidigung Teherans eindringen konnten [10].
Dieses Muster setzt sich in verdeckten Sabotagekampagnen fort, etwa in den wiederholten Angriffen auf Natanz, Irans sensibelste Urananreicherungsanlage. Der Vorfall im Jahr 2021, der einen flächendeckenden Stromausfall sowie erhebliche Geräteschäden verursachte, spiegelte frühere israelische Cyber- und physische Operationen wider. Wie von Analysten damals dokumentiert, waren Irans eigene Abwehrmaßnahmen entweder nicht vorhanden oder im Vorfeld ausgeschaltet worden [11].
Hinzu kommt die internationale Dimension des iranischen Nachrichtendienstversagens. Der Fall Assadollah Assadi, ein Diplomat, der in Belgien wegen der Planung eines Bombenanschlags auf europäischem Boden verurteilt wurde, offenbarte, dass sich der iranische Auslandsgeheimdienst stark auf schlecht geführte operative Netzwerke stützte. Viele dieser Netzwerke wurden schnell durch westliche Gegenspionage enttarnt. Assadis Netzwerk, das sich über elf europäische Länder erstreckte, wurde durchdrungen und zerschlagen, ohne dass der Iran das Ausmaß der Überwachung überhaupt erkannte [12].
In ihrer Gesamtheit zeichnen diese Fälle ein Bild institutionellen Verfalls und struktureller Verdrängung. Geheimdienstliche Misserfolge wurden als „Märtyrertod“ umgedeutet oder pauschal „ausländischen Verschwörungen“ angelastet, ohne Verantwortung zu übernehmen, ohne Reform. Doch im Juni 2025 kulminierten diese Versäumnisse, nicht in einem einzelnen Attentat oder Sabotageakt, sondern in einer umfassenden militärischen Katastrophe. Israels Fähigkeit, Irans oberste militärische Führung zu eliminieren, unbehelligt den iranischen Luftraum zu beherrschen und strategische Infrastruktur binnen Stunden lahmzulegen, ist nicht nur ein Zeugnis israelischer Fähigkeiten. Es ist eine Anklage gegen ein Regime, das seine eigene Verteidigungsfähigkeit systematisch ausgehöhlt hat.
Warum ein Regimewechsel jetzt ein strategisches Gebot ist
Das Regime in Teheran taumelt, aber es ist noch nicht besiegt. Und dieser Moment bietet, vielleicht mehr als jeder andere in der modernen Geschichte der Islamischen Republik, ein schmales und zugleich dringendes Zeitfenster für Veränderung. Wenn das Regime diesen Krieg überlebt, wird es nicht geschwächt in die Zukunft gehen. Es wird sich anpassen. Und es wird sich zu etwas noch Gefährlicherem entwickeln.
Wenn das Regime überlebt, wird es rasch damit beginnen, mutmaßliche Infiltratoren zu säubern, kritische Infrastrukturen zu härten und sein innenpolitisches Überwachungsnetzwerk zu verstärken. Irans Sicherheits- und Nachrichtendiensteinrichtungen werden paranoider, verschlossener und brutaler werden.
Schon jetzt fungiert der Krieg als beschleunigte Lernkurve. Durch das Ertragen eines umfassenden israelischen Angriffs hat Iran vermutlich entscheidende Erkenntnisse gewonnen über:
Die Taktiken israelischer Luftoperationen und deren Zielauswahlphilosophie;
- Die Schwachstellen iranischer Radar- und Luftabwehrsysteme;
- Die operative Reichweite sowie die Beschränkungen des eigenen Raketen- und Drohnenarsenals;
- Mängel in der Kommandostruktur und der Kontrolle;
Und die Methoden sowie die Arbeitsweise des Mossad und verbündeter Geheimdienste innerhalb Irans.
Praktisch wird jede in diesem Krieg offenbarte Schwachstelle in eine künftige Stärke transformiert. Genau so hat das Regime bereits in der Vergangenheit reagiert: Nach der US-Invasion im Irak errichtete es ein weitreichendes Proxy-Netzwerk in der Region. Nach Stuxnet entwickelte es eine der aktivsten staatlichen Cyber-Kräfte weltweit. Und infolge wiederholter Sabotageakte an Nuklearanlagen gründete es 2022 das Nuklear-Schutzkorps der IRGC, wobei die Kontrolle vom zivilen Geheimdienstministerium auf militärische Hände überging, um operative Geheimhaltung und physische Sicherheit zu verschärfen. Das Muster ist deutlich erkennbar.
Wenn das Regime überlebt, wird es diesen Krieg nicht als eine Beinahe-Tod-Erfahrung betrachten, sondern als eine Chance, sich stärker neu zu formieren. Es wird zu einer noch abgeschotteteren, modernisierteren sowie ideologisch gefestigteren und militanteren Bedrohung für seine Region und das eigene Volk werden.
Ein Regimewechsel ist längst keine abstrakte politische Forderung mehr, sondern eine geostrategische Notwendigkeit. Denn sollte die Islamische Republik diesen Krieg überstehen, könnte der nächste ungewinnbar sein.
Referenzen:
[1] Borger J, Beaumont P, Parent D. (2025). Israeli strikes hit more than 100 targets in Iran including nuclear facilities. The Guardian. https://www.theguardian.com/world/2025/jun/13/israel-strikes-iran-nuclear-program-netanyahu
[2] Picheta R, Bordeaux T. (2025). Israel’s strikes zeroed in on Iran’s nuclear program. How much damage was done? CNN. https://edition.cnn.com/2025/06/14/middleeast/iran-israel-nuclear-facilities-damage-impact-intl
[3] Hakim Y. (2025). The speed at which Israel ‘took down’ Iranian air defences was ‘shocking’, ex-Mossad intelligence chief claims. Sky News. https://news.sky.com/story/israels-speed-at-which-it-took-down-iranian-air-defences-was-shocking-ex-mossad-intelligence-chief-claims-13385592
[4] Regalado F et al. (2025). These Are Iranian Generals and Scientists Killed by Israel. The New York Times. https://www.nytimes.com/2025/06/13/world/middleeast/iran-military-generals-killed-israel.html
[5] Khoshnood A. (2021). Iran Might Purge Its Intelligence and Counterintelligence Community. Begin-Sadat Center for Strategic Studies, Perspective Paper No. 2025. https://besacenter.org/iran-intelligence-purge/
[6] Ronzheimer P. (2025). Israel hat drei Ziele im Iran. Bild. https://www.bild.de/politik/ausland-und-internationales/aussenminister-im-exklusiven-bild-interview-israel-hat-drei-ziele-im-iran-68554f4d39a11c6e7bb07fe0
[7] AP. (2025). Iran lists head of missile program, 7 deputies killed in Israeli strike. The Times of Israel. https://www.timesofisrael.com/liveblog_entry/iran-lists-head-of-missile-program-7-deputies-killed-in-israeli-strike/
[8] Khoshnood A. (2020). The Assassination of Mohsen Fakhrizadeh: What Are the Iranian Regime’s Options? Begin-Sadat Center for Strategic Studies, Perspective Paper No. 1834. https://besacenter.org/iran-fakhrizadeh-assassination/
[9] Khoshnood A. (2021). The Assassination of Fakhrizadeh—A Major Iranian Counterintelligence Failure? Global Security & Intelligence Studies, 6:1;199-207.
[10] Khoshnood A. (2020). The Al-Masri Assassination: Another Iranian Intelligence Failure. Begin-Sadat Center for Strategic Studies, Perspective Paper No. 1825. https://besacenter.org/the-al-masri-assassination-another-iranian-intelligence-failure/
[11] Khoshnood A. (2021). The Attack on Natanz and the JCPOA. Begin-Sadat Center for Strategic Studies, Perspective Paper No. 1997. https://besacenter.org/the-attack-on-natanz-and-the-jcpoa/
[12] Khoshnood A M, Khoshnood A. (2024). The Islamic Republic of Iran’s Use of Diplomats in Its Intelligence and Terrorist Operations against Dissidents: The Case of Assadollah Assadi. International Journal of Intelligence and CounterIntelligence, 37:3;976-992.
[13] Smyth P. (2015). The Shiite jihad in Syria and its regional effects. Washington Institute for Near East Policy, Policy Focus 138. https://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/shiite-jihad-syria-and-its-regional-effects
[14] Kumar Sen A. (2015). Iran’s Growing Cyber Capabilities in a Post-Stuxnet Era. New Atlanticist. https://www.atlanticcouncil.org/blogs/new-atlanticist/iran-s-growing-cyber-capabilities-in-a-post-stuxnet-era/[15] Iranian Students News Agency. (2022). «سپاه حفاظت و امنیت هسته ای به ساختار سپاه اضافه شد». https://www.isna.ir/news/1400122419348/